Das Like-Kartell

„Wir haben jetzt ein Like-Kartell gegründet. Wir liken uns immer gegenseitig, um die Aufmerksamkeit zu steigern und um uns voranzubringen. Das bringt schon was!“ Die ehrgeizige junge Frau berät eine andere ehrgeizige junge Frau. Asphalt Tiger hört staunend zu. „Äh. Kann man da mitmachen?“

Die ehrgeizige junge Frau mustert ihn argwöhnisch. Asphalt Tiger erschrickt: ‚Man sieht mir meine niedrige Topic Engagement Rate also bereits auf den ersten Blick an? Und dass mein Key Performance Rater (KPI) scheiße ist. Ich falle bei der Sentiment Analyse auf Anhieb durch, und mir sind die Lücken, Knicks und Abwärtskurven meiner Vanity Metrics vermutlich so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass man mir ohne zu zögern die rote Scorecard zeigt.‘ Asphalt Tiger ist zutiefst verunsichert.

Was solls! Jeder Depp wird heute Influenza! Die Gesichtszüge der einen jungen Frau erhellen sich, und als die andere das sieht, erhellen sich auch ihre (danke, Spiegelneutronen!). Schnell hat sie den Business Plan für Asphalt Tiger festgelegt: Liken-Arbeitsbeginn punkt Acht in der Früh. In der Mittagspause weiter liken, Essen fotografieren nicht vergessen. Keine Kantine, schnell auswärts futtern, knipsen, nachbearbeiten, posten. Unbezahlte Überstunden selbstverständlich ebenfalls knipsen. Nachtschichten rundum liken, weil das Internet nie schläft. Graue Katzen auf dem Heimweg nachts (süß) nachkolorieren. Im Urlaub gegenseitig Liken, unter Palmen gesponsert von Tchibo.

Den Text hat Asphalt Tiger vor einem halben Jahr hingeschludert. Inzwischen ist die Sache irgendwie durch. Er stellt das hier eigentlich nur hin, um die Vergänglichkeit zu dokumentieren. Er liket die Vergänglichkeit sozusagen auf einer Metaebene. Draußen fallen schon die Blätter. Darauf schnell einen Jacno. Alles wird gut.

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Der Zahn der Zeit

zahn und fun

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Karel Gott

Karel Gott ist tot. „Gott ist tot, Biene Maya lebt“, hatte ein Fernsehmoderator gewitzelt. Asphalt Tiger ist nicht zum Lachen zumute. Er fand Karel Gott großartig. Sicher nicht das Gesamtwerk, aber doch genug. Auf Platz 1 von Asphalt Tigers Karel-Gott-Hitparade steht seit mehr als zwanzig Jahren unangefochten „Schicksalsmelodie“, aus dem Film Love Story.

Asphalt Tiger hatte die Schallplatte mal auf dem Flohmarkt gekauft. Asphalt Tiger kann das Lied nicht hören, ohne traurig zu werden. „Wir werden nie uns beide wiedersehen!“ Adieu, Karel. „Ich hör das Lied und muss auf einmal wieder traurig sein.“

Wir alle wissen es: Der Soundtüftler Brian Eno hat die Sounds für Windows 95 entwickelt. Was bislang niemand wusste: Der Sound an der Aldi-Kasse ist von Francis Lai: Es sind die ersten Töne von seiner Komposition Love Story. Immer wenn Asphalt Tiger bei Aldi an der Kasse steht, singt er mit: „Schicksalmelodie.“ Von Karel Gott. Das wird vermutlich für immer so bleiben.

Karel Gott hat in seinem Leben viel gemacht. Soul: „It takes a worried man to sing a worried song“. Asphalt Tiger dachte damals: „worried“ heißt verwirrt, fahrig, unkonzentriert: „Karel Gott – er spricht zu mir!“

Psychedelic: Der düstere Beat der ungarischen Csárdás-Geiger!

Country und Western: „Nachtgeister ziehn vorbei“. Amerikanisch-slawische Kuhjungen-Reiterhorden an der Frontier des jugoslawischen Berglands? Schlager als kulturindustrielle Entspannungspolitik? Die Neuzusammensetzung des imaginären Ostblocks im westdeutschen Schlager ist jedenfalls sehr hybrid.

All dies und vieles mehr — vergänglich! Was bleiben wird, ist Karel Gotts „Schicksalsmelodie“. Das wird vermutlich für immer so bleiben. Danke, Karel! Dĕkuji pĕknĕ!

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Gute Musik: Gonzo

Gute Musik kommt heute zumeist aus Tralien, stellt Asphalt Tiger fest: Ganz neu – von Gonzo! Vielleicht ist das eine vorauseilende Assimilation der Sensibilitäten an die Klimawandelfolgen, vermutet Asphalt Tiger. Wenn wegen dem Klimawandel die Welt umkippt, sind wir da unten (in Australien), und die sind hier. Die Antipoden müssen sich zwangsläufig in der Kippbewegung, in der Neigung verähnlichen, um überleben zu können: aus us wird them und umgekehrt. Youtube hat wieder die Nutzungsbedingungen geändert. Vor dem Weltuntergang kommt vielleicht der Webuntergang. Der Web stirbt aus lauter Langeweile. Ist ja auch schon alt. Keiner will ihn mehr besuchen, obwohl schon längst keine Affektionsgefahr mehr besteht. Der Web ist bald wie ausgestorben, heiße Stromwinde wirbeln noch die letzten Nullen und Einsen über schürfig schilfrige, in der Mittagssonne gnadenlos glitzernde Platinenoberflächen, ein letzter Kabelsalat macht keine Oase mehr. Bevor das soweit ist, nochmal ein schönes Lied von den Antipoden:

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Roky Erickson

Heute hätte Roky Erickson Geburtstag feiern können. 15.7.1947-31.5.2019. Jemand hat im Interness geschrieben: Rest In Psychedelia, Roky. Ja. Kein Kuchen. Asphalt Tiger ist traurig. Wieder ein Dropout weniger. Dropouts: Gibt’s die heute eigentlich noch? Die weg vom Fenster sind, verloren gehen, wiedergefunden werden, rausgeholt werden, wie Roky Erickson aus dem Knast, oder aus der Psychiatrie, holt sie raus, in aller Liebe. Gibt’s die heute eigentlich noch? Outsider, die keiner versteht und die nicht funktionieren, die danebenleben und sich abseits verwuseln und sich darum ihre Integrität bewahren – und unsere Zuneigung. Außenseiter, mit Dämonen, ohne Instagram, mit ESP, ohne Unique Selling Point. O verloren.

Wenn Gender ein soziales Konstrukt ist, das die Heutigen fasziniert, war Generation wohl DAS soziale Konstrukt, das die Dropouts der vergangenen Generationen 1968+ fasziniert hat: in der pop/subkulturell informierten Affirmation von Krankheit, Wahnsinn, Kinderlosigkeit und Tod als Verweigerung der sozialen Reproduktion, als Weigerung, mit dieser Gesellschaft übereinzukommen. Diese Generation stirbt offensichtlich aus, und es erscheint überflüssig, sie im Rahmen des postfordistischen Diversity Management von Identitätspolitiken als Kund_innen zu adressieren. O verloren.

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Regenzauber

hdr

Eine merkwürdige Apparatur. Aber sie funktioniert, wie man sieht. Bzw. ahnt.

hdr

(Abb.: Hier hat sich schon was bewegt).

(Passend dazu: etwas stimmungsvolle Musik als Beweismittel, dass ABBA eigentlich eine Acidgaragenband war).

 

 

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Relax

relax

Gute Werbung für eine gute Idee!

Gute Musik!

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Ein Lehrvideo

Asphalt Tiger seufzt. Gerade war es noch hochsommerlich warm, dann: ein Temperatursturz, jetzt: ist es kalt wie im November. Asphalt Tiger schaut aus dem Fenster und fröstelt: Tief hängen die Wolken, voll tragen sie Regenwasser, kalt bläst der Wind. Doch da: Asphalt Tiger schaut ein Video an. Die Leute tanzen! Sie fallen hin — und sie stehen wieder auf. Wahre Stehauf-Männchen sind das! Und Stehauf-Mädchen. Asphalt Tiger hat wieder etwas gelernt. Das Wetter, was solls! Seien wir also optimistisch. Seien wir einfach gut drauf!

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Gute Musik: Norma Tanega

Sehr gute Musik sogar! Auch der Text. Vor allem aber freut sich Asphalt Tiger, wie sich Norma Tanega beim Singen freut: Große Freude — Musik ist wie dafür gemacht! Asphalt Tiger weiß, wovon er redet.

Norma Tanega ist super! Sie war in den 1960ern Teil der Greenwich Village Folk Scene und auch politisch aktiv; sie war ein paar Jahre mit der großartigen Dusty Springfield liiert, hat mit ihr in England gelebt und ein paar dufte Lieder für sie geschrieben. Ihre Rhythmusgruppe hat sie schnell gefeuert, weil die Jungs mit den schicken Beatles-Frisuren ihre Noten nicht lesen konnten und ihre Songs nicht richtig verstanden haben: nur cool reicht eben nicht (das mit den Frisuren ist aber nur eine Vermutung vom Asphalt Tiger). Dann hat sie, zurück in Amerika, jetzt in Kalifornien, wieder was anderes gemacht, Malen und Schlagzeug Spielen, aber eher so experimentell, in einem Keramik-Ensemble und so, und augenscheinlich war sie nie verlegen, etwas Neues anzufangen. Ist! Auch heute noch, mit circa Achtzig.

Doch mehr! Asphalt Tiger muss ein biographisches Rocklexikon konsultieren, um zu erfahren, warum er Norma Tanega so ganz besonders findet:

She was more pop-oriented than the usual Village folkies, certainly, yet not that slick either. Her voice, however, wasn’t up to the level of her moderately appealing material, as it wasn’t as expressive as many of her singer/songwriter peers working the same styles, and in fact tended to waver off-pitch, especially in its higher range. (Allmusic)

Vielleicht ist das das Wichtigste: Etwas trotzdem zu machen. Große Freude!

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Vintage

vintage

Noch mehr Dinge aus der Vergangenheit. Die von Luc Boltanski und Arnaud Esquerre in ihrem 2018 erschienen Buch Bereicherungsökonomie klug und anschaulich beschriebenen Möglichkeiten einer „Verwertung von Vergangenheit“, die nicht mit neuem Plastik, sondern alter Patina Geld macht, sprechen sich langsam herum: Nachhaltige Vintage Armbanduhren, präsentiert auf einer Auslage aus Pommes-Schälchen, exklusiv beim Schlüsseldienst in Neukölln.

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Dufte Band: Dawn of Humans aus New York in Amerika. Peacepunk auf falscher Geschwindigkeit. Passt Supergut zu: Morgengymnastik.

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